takeover #2
Franziska Reinbothe kuratiert
Larissa Mühlrath und Tom Früchtl
18.6. – 01.08.2021
Am 18.06.2021 eröffnet im Kunstverein Lüneburg die zweite Ausstellung der Reihe Takeover #2. Franziska Reinbothe bringt als Kuratorin diesmal die Leipziger Bildende Künstlerin Larissa Mühlrath mit dem Berliner Maler Tom Früchtl zusammen. Beide arbei-ten zwar in unterschiedlichen künstlerischen Bereichen, sind aber in ihrer präzisen Be-obachtungsgabe und in ihrer Hinwendung zum scheinbar Alltäglichem vereint.
Tom Früchtl malt, was eigentlich bereits vorhanden ist: auf ein Stück Furnierholz setzt er akribisch gemaltes Furnier obenauf. Auf einem auseinandergefalteten Pappkarton wiederholt er malerisch dessen Einkerbungen, Löcher und Schmutzspuren. Die Serie der „Drecksbilder“ besteht aus schmuddeligem Leinwandstoff, durch den sich zu allem Übel das Stützkreuz gedrückt hat! Erst auf den dritten Blick wird erkennbar: Der Dreck ist genau so wie der Abdruck des Stützkreuzes (nach-)gemalt. Tom Früchtl lotet das „Verhältnis von Abbildung und Wirklichkeit“ aus. Er geht dabei weit über die Illusionsmalerei hinaus, denn seinem Tun wohnt etwas Absurdes inne: Schon allein das gemalte Wiederholen von bereits Vorhandenem mag verblüffen, doch viel merkwürdiger mutet die Auswahl dessen an, WAS er malt: Den normalerweise als Fehler oder Störung empfundenen Gebrauchs und Drecksspuren auf seinen Malträgern gewährt er ein luxuriöses Bleiberecht, indem er sie malerisch präzise hervorhebt.
Larissa Mühlrath ist eine Sammlerin. Sie findet „beschädigte Gebrauchsgegenstände, abgenutzte Arbeitsmittel, Nebenprodukte oder Materialabfälle“ und erkennt in ihnen „unbeabsichtigte Formgebungsprozesse“, die auf ein menschliches Tätigsein schließen lassen. So überführt sie defekte Rollkoffer, entastete Wäschetrockner oder zerbeulte Einkaufswagen in den Ausstellungskontext, die dort als temporäre Installationen eine plausible künstlerische Selbständigkeit entwickeln. Ihren Objekten und Grafiken hingegen schreibt Larissa Mühlrath die in den gefundenen Artefakten bereits enthaltenen Eigenschaften selbständig ein: Alle ihre Arbeiten thematisieren „überwiegend temporäre Phänomene“, die „die Beziehung zwischen Ursache und Wirkung menschlicher Schaffensprozesse sichtbar machen“ können. Sowohl Larissa Mühlraths als auch Tom Früchtls Position fordern die Betrachter*innen auf, gewohnte Blickweisen zu überprüfen: Was ist das eigentlich, auf das wir schauen?
Wir freuen uns, die Ausstellung im Beisein der beiden Künstler*innen und der Kuratorin von 19:00 – 21:00 Uhr im Kunstverein Lüneburg in der Lüner Str. 10a zu eröffnen. Es gelten die aktuellen Hygiene- und Abstandsregeln. Die Ausstellung läuft bis zum 30.07.2021.
Gefördert von: Lüneburgischer Landschaftsverband, Hansestadt Lüneburg