takeover #2
Franziska Reinbothe kuratiert
Marcel Friedrich Weber und Michaela Zimmer
10.04. – 24.05.2021
Marcel Friedrich Weber
o.T. (Schlaufe) 1
Gips, Baumwollstoff-Rückstände
55 × 38 × 10 cm
2021
Michaela Zimmer
150701
Acryl, PE Film auf Leinwand
150 × 100 cm
2015
Franziska Reinbothe möchte mit den Werken der ausgewählten künstlerischen Positionen ein visuelles Spannungsfeld erzeugen, das genreübergreifend (u.a.) die Frage nach deren Machart, deren Wesen stellt: Muss eine Malerei zwangsläufig gemalt sein, oder kann sie nicht auch malerei-fremde Ingredienzen wie beispielsweise PVC-Folie (Michaela Zimmer) oder Textilien (Olga Jakob) beinhalten? Meint eine Skulptur ein ausschließlich händisch gefertigtes Werk aus beispielsweise Beton (Marcel Friedrich Weber) oder ist nicht schon das bloße Auffinden von zum Teil deformierten Alltagsgegenständen und deren anschließende Präsentation im Ausstellungskontext (Larissa Mühlrath) Skulptur genug?
Daran schließt sich die Frage nach der geeigneten Präsentation an: Muss ein (gemaltes) Bild zwangsläufig an der Wand hängen oder kann es nicht frei im Raum stehen (Tom Früchtl)? Und kann nicht eine Skulptur ihren Platz am Boden aufgeben, um – einem Bild vergleichbar – an der Wand zu erscheinen (Julia Miorin)? Den einzelnen Werken ist diese Präsentationsoffenheit bereits immanent.
Gefördert von: Lüneburgischer Landschaftsverband
Marcel Friedrich Weber
*1989, lebt und arbeitet in Frankfurt am Main
Ich will Feingefühl. Ich will Haptik.
Ich will Materialschlachten.
Ich will Fließendes und Festes.
Ich will mir die spezifischen Charakteristika der Materialien zunutze machen, will sie in Bahnen lenken, in denen sie sich ausdehnen können, will ihnen Raum geben.
Ich will massive Massen fließen lassen.
Ich will Oberflächen und Oberflächlichkeiten.
Ich will, dass chemische Prozesse durch meine Kontrolle zufällige Ausbrüche versuchen und diese im Endzustand den Betrachtenden als Anlass zur Materialreflexion dienen. Ich will mit meinen Formen auf meine Umwelt reagieren. Ich will in Kontakt treten mit meiner Außenwelt, meine Arbeiten sind Gesprächsfetzen, Fragen, Antworten, Anregungen. Ich will mit Material herumsauen, um Phantasien zu realisieren, deren schlussendliche Oberfläche zur taktilen Interaktion verführt.
Michaela Zimmer
*1964, lebt und arbeitet in Berlin
In aktuellen Arbeiten bilden individuelle Bewegungserfahrungen die Grundlage des visuellen Transfers. Dem Konzept der strukturellen Aufzeichnung folgend werden beispielsweise nach täglichem Lauftraining unmittelbar und oft mit Bleistift auf Papier „Protokolle“ der noch vorhandenen Körperspannung angefertigt.
Das aus diesen Protokollen entwickelte abstrakte Zeichenvokabular wird in einem zweiten Schritt malerisch umgesetzt. Unterschiedliche, oft spiegelnde Materialien ergänzen frei hängend oder gespannt den so entstandenen Malgrund zum Bildkörper.
Wenn Bild und Objekt, Illusionsraum und Material ineinander übergehen, wird die Dichotomie von Abstraktion und Körperlichkeit aufgelöst. Das sich unter verschiedenen Blickwinkeln verändernde Erscheinungsbild der Oberflächen zielt auf eine körperliche Erfahrung der Werke. Damit wird das Werk zum Spiegelbild seiner eigenen Genese.
Fotos: Wege